Mutig sein im Pferdesport. Angst im Pferdesport. Sind das Themen, die uns betreffen? Sind das Themen, die angesprochen werden dürfen? Oder sogar angesprochen werden sollten? Wie geht man am besten mit seinen eigenen Ängsten um und vor allem was kann man dagegen tun?
Ängste können vielschichtig sein, manche machen sich im Umgang oder beim Reiten bemerkbar,
andere wiederum lauern tief im Inneren und brechen plötzlich und unerwartet hervor. Ein hoher Sprung in der Reitstunde, die tratschenden Profis von der Hallenbande, ein Traktor auf der Wiesenrunde oder ein flotter Galopp im Gelände. Jeder kennt doch eine Situation in der er sich schon einmal unwohl gefühlt, gefürchtet hat oder regelmäßig fürchtet.
Aber ist es eigentlich so schlimm, sich vor Dingen zu fürchten? Ist es nicht eher ein Schutzmechanismus, der dafür sorgt, dass wir nicht leichtsinnig irgendwelche Dinge tun? Vielleicht sollten wir versuchen eine gute Koexistenz der beiden Eigenschaften “Angst” und “Mut” anstreben: Nicht wie Gegensätze von denen man nur eine Variante besitzt, besser als zwei Wesensarten die in jeder Situation beratend zur Seite stehen.
Mut bedeutet Grenzen sinnvoll zu überschreiten, das beinhaltet aber eine gute Vorbereitung. Wenn ich Angst habe mit meinem Pferd ins Gelände zu reiten, ist niemandem geholfen, wenn ich es einfach tue. Im besten Fall kommen Pferd und Reiter massiv gestresst wieder gemeinsam zu Hause an, den schlimmsten Fall mag man sich lieber erst gar nicht vorstellen. Hier gilt es das Pferd an Alltagsgegenstände zu gewöhnen, gemeinsam mit einem ruhigen Pferdekumpel spazieren zu gehen. Reiterlich mehr Durchlässigkeit erarbeiten, das Training auf den Außenplatz verlegen, fremde Plätze kennen lernen. Die Ausrüstung checken, Sicherheitszubehör beschaffen. In kleinen Schritten, dem großen Ziel stressfrei Ausreiten nähern.
Mut bedeutet etwas zu tun, ohne vorher sicher sagen zu können, welche Konsequenzen das für einen selber hat. Ich kann zwar vermuten, dass ein kleiner Sprung mit guter Vorbereitung möglich sein wird. Dies kann man über eine Bodenstange erarbeiten und das Ziel sei, danach zufrieden auf dem Pferd zu sitzen. Aber was passiert, wenn ich plötzlich durch das individuell aufgebaute Training merke, dass mir das Springen sogar einen riesen Spaß macht? Diese Option hätte ich mir wohl im Vorneherein niemals träumen lassen. Andererseits kann die Vorbereitungszeit zeigen, dass das Projekt “Sprung” einfach nicht das richtige für mich ist. Dann ist es die mutigere Entscheidung das Vorhaben zu streichen, oder für eine Weile zu vertagen.
Mut kann auch eine Handlungsverweigerung sein. Offen dazu stehen nicht mit den Trainingsmethoden des Herren/der Frau XY einverstanden zu sein. Nicht den Kopf einzuziehen und zu machen, was in seinem /ihrem Unterricht gefordert wird. Sondern sich gegen einen Trainer/Methode/etc entscheiden und Hilfe bei jemandem suchen mit dem man auf einer Wellenlänge arbeiten kann. Es kann natürlich im ersten Moment auch Nachteile bringen, man hat einen weiteren Anfahrtsweg, man kann nur einmal die Woche Unterricht nehmen oder man wird von Stallkollegen müde belächelt, weil man doch keine Ahnung vom Pferd und Reiten sowieso hat.
Mut ist erlernbar. Mit jedem neuen Stück Mut, pendelt sich die Waage ein Stückchen mehr im Gleichgewicht ein. Ermutigt wird man hier durch Außenstehende, ein wichtiger Antrieb ist jedoch das Selbstvertrauen durch sein eigenes Tun.
Wahrer Mut ist nicht keine Angst zu haben!
Wahrer Mut ist sich seiner Angst zu stellen.
Wer sich aus seiner Komfortzone gezielt herausarbeitet und für eine bewusste Weiterentwicklung entscheidet, gehört zu den mutigsten Menschen überhaupt. Sich selber darüber im Klaren sein, dass man nicht in einer Situation stecken bleiben möchte, sondern durch kleine Schritte ein neues Stück Selbstvertrauen entwickelt, mit jedem weiteren Schritt in diese Richtung festigt und mehr Selbstsicherheit und Selbstwertschätzung erlangt.
Auch wenn diese Schritte am Anfang winzig klein erscheinen mögen und für andere nicht sichtbar sein werden, immer daran denken, dass Mut relativ ist. Für den einen ist es ein enormes Problem sich auf die Aufforderung des Reitlehrers einzulassen, die Zügel aus der Hand kauen zu lassen und dem Pferd mehr Vertrauen zu schenken, dass es die Situation nicht ausnutzen wird. Der nächste lacht in dieser Situation, ihm rutscht dafür das Herz in die Hose, wenn man ihn auffordert vor Publikum zu reiten. Egal wie die Herausforderung für den einzelnen aussieht, jeder der sich seinen Ängsten stellt, aus den erlernten und als sicher eingestuften Verhaltensmustern herauswagt, ist mutig!
Zum Schluss noch die berechtigte Frage was denn mit all jenen ist, die scheinbar vor nichts und niemandem Angst haben? Sind die nicht besonders mutig? Die die alles ausprobieren müssen, Gefahren eingehen um den ultimativen Kick zu erleben? Nein, in meinen Augen sind das die, die sich am meisten fürchten, fürchten, nicht anerkannt zu werden, fürchten im normalen Alltag unter zu gehen, fürchten die Routine könne sie überrollen, fürchten irgendetwas im Leben zu verpassen.
All denen wünsche ich den Mut sich selber zu erkennen und ein bisschen mehr Muffensausen in ihrem Leben zuzulassen, auf dass die Waage zwischen Angst und Mut wieder ins Gleichgewicht kommt.