Gerade erst sind die Sommerferien zu Ende gegangen, der September hält Einzug mit wunderschönen Spätsommertagen und hier ist die Rede von Weihnachtsliedern? Die Lebkuchen im Supermarkt nehmen wir ja beinahe schon nicht mehr wahr, auch die Nebelschwaden am Morgen und die ersten nasskalten Herbsttage erinnern uns schon an den nahenden Winter, aber warum jetzt auch hier die Rede von Weihnachten?
Weihnachtszeit ist gleich Quadrillezeit: Landauf, landab wird schon lange im Voraus in jedem Reitverein geübt und geprobt. Soll doch die Weihnachtsaufführung ein ganz besonderes Highlight zum Abschluss eines hoffentlich erfolgreichen Jahres werden. Dazu gehört natürlich auch eine dementsprechende Planungs-, Vorbereitungs- und Trainingszeit. Nachfolgend ein paar Überlegungen:
1. Wie viele Reiter und Pferde habe ich zur Verfügung?
Klar, ideal sind die klassischen Quadrillezahlen zwei, vier, acht oder sechzehn. Gut möglich auch sechs, zehn oder zwölf. Eine Herausforderung werden ungerade Zahlen wobei auch da interessante Figuren möglich sind, man denke an drei gleichzeitig gerittene Zirkel (bei A, Mittelzirkel und bei C) oder die beiden Viertellinien plus die Mittellinie.
Ganz wichtig ist es, auch immer an Ersatzreiter und -pferd zu denken. Wenn diese von Anfang an mit einbezogen werden ist es leichter, falls jemand im Training oder gar bei der Aufführung ausfallen sollte.
Bei der Auswahl der Pferde sollte darauf geachtet werden, dass sie für das Quadrille reiten geeignet sind. Bekannte Schläger oder aggressiv auf Enge reagierende Pferde sind in einer Quadrille hochgefährlich für alle Beteiligten. Wenn bekannt ist, dass ein Pferd sich bei Aufführungen fürchtet oder noch nicht genügend Routine hat, sollte über einen Einsatz gründlich nachgedacht werden . Man kann ihm durch einen erfahrenen Reiter und ein routiniertes Partnerpferd den Einsatz erleichtern.
2. Was können Pferde und Reiter?
Immer daran denken, dass eine Aufführung eine ganz besondere Situation darstellt: Es ist viel Aufregung im Spiel, Zuschauer, Musik, ein geschmückter Tannenbaum, Kostüme und Beleuchtung. Deswegen lieber eine Stufe niedriger planen und üben, so dass die Sicherheit da ist, es auch unter besonderen Bedingungen gut zu schaffen. Außerdem wirkt eine leichte, präzise gerittene Quadrille mit passenden Abständen und synchronen Figuren immer besser als schwierige Figuren, die dann nicht sauber umgesetzt werden.
Weiterhin ist zu überlegen, ob die Quadrille mit einem Vorreiterpärchen gestaltet werden soll oder die Reiter schon so fit sind, dass sie innerhalb der Figuren wahllos durcheinander tauschen können. Erstere Variante bietet sich für ungeübte Quadrillereiter an, auch gelingt es bei großen Gruppen leichter den Überblick zu behalten. Die Paare untereinander, ebenso wie auch der jeweilige Vorreiter sind stets dieselben. Die zweite Variante bietet sich an, wenn kompliziertere Figuren mit Handwechseln geritten werden sollen und bei Quadrillen mit ungewöhnlicher Anzahl von Pferden und Reitern.
3. Wie schreibe ich eine Quadrille?
Zuallererst braucht man Papier und Stifte. Viel Papier und viele bunte Stifte. Gerne auch kleine ausgeschnittene Kärtchen mit Namen beschriftet. Und eine Halle auf Papier. Oft wird es wesentlich leichter, wenn man sich etwas aufmalen kann und Figuren durch schieben von Kärtchen ausprobiert. Das hat zudem den Vorteil, dass man beim Schreiben der Quadrille zwischendurch die Namen in den Text einfügen kann und so im Training die Kontrolle hat, ob die Reihenfolge noch stimmt.
Ich persönlich beginne gerne mit der ersten Grußaufstellung, von dort aus rückwärts gedacht kommt man auf die Reihenfolge, in der die Abteilung starten sollte. Hierbei auch gleich mit drauf achten, dass ein erfahrenes Pferd den Anfang sowie auch den Schluss macht, um aufgeregte Pferde dazwischen etwas zu beruhigen. Aus der ersten Grußaufstellung heraus entwickelt sich der Rest der Quadrille bis zur Grußaufstellung am Ende. Diese muss nicht zwingend gleich wie zu Beginn sein.
4. Welche Figuren bieten sich an?
Grundsätzlich alles was einem einfällt. Wichtig ist es darauf zu achten, dass man die Figuren gleichmäßig über die Bahn verteilt. Wenn acht Reiter auf dem Zirkel bei A sind, wirkt die Halle sehr leer. Besser wäre hier ein Mittelzirkel oder jeweils vier auf beiden Zirkeln.
Ein wenig aufpassen muss man auch bei Figuren, die großen Abstand zum durchlassen von einem anderen Pferd benötigen: Wenn direkt davor oder danach paarweise geritten werden soll , erfordert das bei einem Teil der Pferde ein massives Zurückführen des Tempos, während die andere Hälfte das Tempo stark erhöhen müsste um den Partner einzuholen. Besser wäre nach dem Durchreiten der anderen Abteilung erst ein Hintereinander oder eine weitere Figur, auf der man die Abstände wieder anpassen kann.
Ansonsten darf man hier gerne kreativ werden. Schlangenlinie mit vier Bögen, jeweils eine Volte beim durchreiten der Mittellinie oder eine in jedem Bogen. In die Ecke kehrt. Aus dem paarweise Mittellinie jeweils eine Kehrtvolte geritten – das ergibt viele kleine Herzen. Einfache Schlangenlinie mit Volte zur gegenüberliegenden Seite am Scheitelpunkt. Diagonale gegeneinander mit halber Volte umeinander herum. Erlaubt ist, was reitbar ist.
5. Weitere Tipps fürs Schreiben
Ist die Gruppe unerfahren, bieten sich weitläufigere Figuren an, auf denen man viel Zeit hat das Tempo wieder anzupassen. Ebenso sind zwischendurch “leere” Mittellinien oder “leere” lange Seiten zum Verschnaufen gut geeignet.
Wenn die Quadrille jedoch einen gewissen Anspruch erfüllen soll, werden “leere” Seiten/Mittellinien sehr schnell langweilig. Hier kann man mit einfachen Figuren Leerlauf vermeiden und trotzdem kurz verschnaufen. Es bieten sich übergroße einfache Schlangenlinie mit paarweise treffen bei X an, oder Volten einzeln/paarweise/hintereinander.
Wird die Galopptour eher an den Anfang gelegt, kann das bei aufgeregteren Kandidaten dazu führen, dass sie sich wahlweise noch mehr verspannen oder danach gelöster sind, dieser Punkt kann nur individuell für die jeweilige Gruppe entschieden werden.
Auch kann es sinnvoll sein, Pferde die unter Umständen mit der Situation der Weihnachtsfeier ein Problem haben könnten, nur hinter einem Führpferd an den Zuschauern vorbei zu lotsen oder möglichst in den Figuren weiter weg vom Publikum ein zu planen.
Darauf achten, dass die Quadrille nicht zu lang wird. Besser kurz und knackig geritten, als alle Ideen und Varianten einzubauen. Ich habe immer einen extra Bogen neben dem eigentlichen Entwurf liegen und notiere meine Gedanken, im nächsten Jahr bin ich froh über den Input und komme ganz leicht wieder rein.
6. Das erste Training
Hier sollte je nach Können und Quadrille-Erfahrung der Teilnehmer eine Stunde zum Aufwärmen stattfinden. Paarweise reiten, trennen und wieder zusammenfinden. Abteilungsreiten mit passenden Abständen, Gruppengalopp und synchron gerittene Einzelfiguren. Im Anschluss dran erste Lagebesprechung zu Themenvorschlägen, Kostümideen, Musikauswahl und wer welche Aufgabe übernehmen möchte. Zudem einmaliges Durchlaufen des Grobentwurfs der Quadrille.
7. Das Durchlaufen
In meinen Augen mit der wichtigste Teil beim Quadrille üben. Warum lege ich so einen Wert darauf? Zuerst einmal soll die Aufgabe bei der Aufführung auswendig geritten werden. Je vertrauter man mit den Figuren ist, desto leichter fällt einem der Ablauf.
Auch können hier ohne den Partner Pferd die Figuren so oft geübt werden, bis jeder weiß wo er hin muss und wer der neue Partner oder Vordermann ist. Schult dabei euer Auge, auf wen in welcher Figur geachtet werden muss. Wichtig ist es auch klar zu wissen, wer auf welchem Teil der Figur der Tempogeber ist. Lautet die Aufgabe “Von F und K aus auf die Diagonale, bei X paarweise zu C” muss ich ständig auf Synchronizität zu meinem Partner achten. Wenn es jedoch heißt “Von F und K aus durch die ganze Bahn wechseln zu H und M”, wäre es sehr schlecht synchron zu reiten, da der Tunnel bei X noch nicht erfunden wurde.
Diese Fallstricke kann man beim Ablaufen wunderschön üben und besprechen: Wer sollte welche Ecke tiefer ausreiten oder abrunden? Wer an welcher Stelle das Tempo erhöhen oder verringern? Probiert gemeinsam aus, ob es Stellen gibt, die nicht vom Papier auf das Reiten übertragbar sind und der Grobentwurf angepasst werden muss.
Zusätzlich kann man sich auch für jede Figur einen netten kurzen Namen einfallen lassen, das erleichtert es dem Kommandogeber sehr. Aus “Mittelzirkel mit halber Volte nach innen” wird so die “Rose”, aus “Diagonalen mit Durchwechseln bei X” der “Reißverschluss”.
8. Die eigentlichen Übungsstunden
Da insbesondere im Winter die Aufwärmphase im Schritt nie zu lange gestaltet werden kann, bietet sich diese Zeit an, die Quadrille am Stück oder in Teilstücken zu Pferd durchzureiten. Auch hier wird, wie schon beim Durchlaufen angesprochen, sauber auf die passenden Abstände und Synchronizität geachtet. Eine Ausnahme gibt es jedoch: Im Schritt wird kein Pferd gehetzt oder übermäßig zurückgehalten. Dann lieber die Ecken ein wenig mehr abrunden oder kurzzeitig stehen bleiben.
Daran anschließend erfolgt eine Aufwärmphase in der jeder Reiter sein Pferd, wie individuell notwendig, löst. Nun beginnt das eigentlichen Training. Hier muss nicht jedes Mal die vollständige Quadrille geritten werden, schnell kristallisieren sich die Stellen heraus, die noch besondere Aufmerksamkeit erfordern. Diese Teile können dann intensiver trainiert, gegebenenfalls auch noch weiter angepasst werden und so kommt man über das Training zur Endfassung der Quadrille.
Im Training selber sollte man insbesondere im Bezug auf die Galopptour wert darauf legen diese immer mal wieder durch Trab zu ersetzen oder an verschiedenen Punkten zu starten.
Es kann durchaus von Vorteil sein, wenn die Pferde ihre Aufgabe kennen und voraus ahnen was als nächster Punkt folgt. Schwierig wird es jedoch, wenn sie ihr Programm von alleine abspulen. Deswegen durchaus auch die “paarweise Mittellinie mit Volte bei X” im Training ohne Volte reiten oder mit Volte bei G oder D.
9. Üben mit Musik und Kostüm
Testet und probt das Reiten mit Kostüm weit genügend im Voraus. Insbesondere bei Accessoires wie Flügeln oder wehenden Gewändern. Hier bietet es sich an, diese Übungsstunden unabhängig von den eigentlichen Quadrillestunden durchzuführen. Meist akzeptieren die Pferde die Kostüme ohne größere Probleme, jedoch muss man immer mit einer Reaktion auf die ungewohnten Gegenstände rechnen. Wenn ein Pferd sich hierbei absolut unwohl fühlt oder womöglich Angst bekommt, ist das Kostüm oder der Einsatz des Pferdes in der Quadrille dringend zu überdenken. In diesem Fall springt besser das Ersatzpferd ein. Der Reiter gibt sich und seinem Pferd die Hausaufgabe für das nächste Jahr in Ruhe auch ungewohnte Kostüme zu trainieren.
Auch das Reiten auf Musik will geübt sein: Sie gibt ein bestimmtes Tempo vor und auch die Stimmung überträgt sich auf Reiter und Pferd. Fröhliche, flottere Musik beschwingt, besinnliche Weihnachtsmusik erfordert ein geringeres Grundtempo der Quadrille. Die Auswahl der Musik reicht von Klassik über Filmmusik, Musicals, spanischer Tanzmusik, Hits aus den aktuellen Charts oder Instrumentalstücken. Wichtig bei der Auswahl ist, dass es keine zu hektischen Lieder mit aufregenden Elementen sind. Versuchen sie doch mal bei den favorisierten Stücken auf dem Küchenstuhl oder Sofa mit zu traben oder zu galoppieren. Wenn das gut funktioniert im Stall mit Pferd versuchen.
10. Ein paar besondere Ideen
Quadrille heißt auch immer phantasievolles Gestalten. Das kann schon in der Auswahl der Pferd-Reiter-Paare beginnen. Warum nicht mal eine Schimmel-und-Rappen-Quadrille? Die Reiter dazu passend in weiß und schwarz oder als Engel und Teufel.
Oder eine Eltern-Kind-Quadrille mit Großpferd und Pony als Pärchen?
Vielleicht bietet sich auch eine Quadrille am Langzügel an oder eine Führzügel-Quadrille für die Kleinsten?
Eine Schritt-Trab-Quadrille für die, die den Gruppengalopp fürchten oder eine Springquadrille, fr die die nicht genug Galopp haben können?
Eine Quadrille mit Tänzer oder mit Pferden und Hunden?
Eine Steckenpferd-Quadrille oder eine erzählte Geschichte?
Lassen Sie ihrer Fantasie freien Lauf und werden Sie kreativ. Auf ein gutes Gelingen!